Greed is Good: Die Causa Justin Fields

Für eine kurze Zeit schaffte die Trainerfrage es die Bears Community von heißen Diskussionen um die Quarterback Position abzuhalten. Langsam aber sicher schiebt sich die Causa Justin Fields aber wieder in den Vordergrund und spätestens nach der Besetzung des vakanten OC-Postens wird es wieder mit voller Wucht in Debatten um den Signal Caller der traditionsreichsten Franchise der Liga gehen.

Ein größerer Teil der Fans scheint mittlerweile eine deutliche Meinung in Richtung Verbleib von Justin Fields zu haben, was sich auch durch die Rufe, „We want Justin“ im letzten Heimspiel der Saison gegen Atlanta eindrucksvoll zeigte.1Auch, wenn das Auswärtsspiel bei den ewigen Franchise-Quarterback Produzenten aus Green Bay wieder leichte Risse in die Fields Beliebtheit gezogen haben sollte, die allgemeine Beliebtheit bleibt.

Bears Spieler entgegnen Fragen bezüglich Justin Fields sehr eindeutig, so zum Beispiel unser Top Receiver D.J. Moore (“I mean, we want him here”2), oder Pro Ball Corner Jaylon Johnson („He´s our guy“3). Einige ehemalige Spieler sind bereits seit längerer Zeit auf Justins Seite, so zum Beispiel der ehemalige Bears Wide Receiver Brandon Marshall („Leave Justin alone.“4). Die Debatte beschränkt sich dabei auf Social Media, aber auch in Expertenrunden, sehr auf die Personalien, die in das „Entweder Oder“ rund um Justin Fields involviert sind. Sind die beiden Top Prospects, Caleb Williams und Drake Maye, wirklich so gut, dass sie es rechtfertigen Justin Fields abzugeben? Möchte man Justin Fields abgeben, nur um dann zu sehen, wie er beispielsweise bei den Falcons zum All Pro avanciert? Oder vergibt man die Once-in-a-Lifetime Opportunity einen Quarterback zu draften, der wirkliches Gamechanger-Potenzial à la Patrick Mahomes, Josh Allen, oder Justin Herbert hat?

 Die Kompensation für die zwei Hauptvarianten, nämlich ein Trade von Justin Fields, oder ein Trade des Number 1 Overall Picks wird dabei oftmals, wenn überhaupt, nur im Nachgang erwähnt. Ich möchte in diesem Artikel ein wenig Licht darauf werfen, dass ein Verbleib bei Justin nicht bedeuten muss, dass er unsere Zukunft ist und dass die erste Frage sein sollte, welche Kompensation uns näher an einen Super Bowl bringt. Dafür werde ich zuerst mögliche Tradegegenwerte für Justin Fields auf der einen Seite, sowie den Number 1 overall pick auf der anderen Seite betrachten und einen Ausblick darauf geben, an was unser General Manager Ryan Poles in einer präzedenzlos spannenden Offseason arbeiten wird

1. Die Kompensation für Justin Fields.

Betrachten wir zunächst einige Stats zu Justin Fields. Auf die Saison betrachtet hat Justin Fields das 22st höchste QB-Rating in der NFL von 30 QBs, die bei ESPN geranked werden (abhängig von Plays pro Spiel). Seine Expected Points Added in Pass Plays sind die 23st besten der Liga, während sie in Run Plays die fünftbesten der Liga sind.5 Bei Sacks rangiert Justin Fields unter den schwächeren QBs der Liga. Seine PFF Grade ist die 21st beste der Liga, im Passing Game QB Nummer 25, im Run Game Nummer 4.6 Das, was Justins Chancen auf einen Verbleib aber besser dastehen lässt, sind seine letzten Wochen der Saison. So hatte er beispielsweise in beiden Detroit Spielen ein Top 6 QB Rating, gegen Atlanta reichte es zur Top 12. Gegen Green Bay reichte es dann nurnoch zur Nummer 17 in, aber auch im aktuellen QB Index von NFL Writer Nick Shook befindet sich Justin Fields im oberen Mittelfeld auf Rang 13.7

Hier soll es nun aber gerade nicht darum gehen, Justin Fields Ausblick zu beschreiben und zu schauen, wohin er sich entwickeln kann. Es soll um die Kompensation gehen und für die brauchen wir einen Präzedenzfall. Justin Fields ist in vielerlei Hinsicht aber ein Unicorn und oft kommen Spieler wie er, der auch bei den kritischeren Experten im Mittelfeld der Liga ist, der nicht am Ende seines Vertrages angekommen ist und dessen Ausblick zumindest von Top 10 QB Play träumen lässt einfach nicht auf den Markt. Daher hinkt der folgende Vergleich sicherlich, er soll aber für eine gewisse Benchmark herhalten.

Josh Rosen Trade von den Cardinals an die Dolphins für Pick 62 2019 & 5th Rounder 2020

Diejenigen, die damals schon aktiv den Draft verfolgt haben, erinnern sich gut an die Josh Rosen Farce, die sich bis zum Draft 2019 abspielte. Arizona hatte einen neuen Headcoach namens Kliff Kingsbury, der schon vorher oft positiv über das College Top Prospect Kyler Murray sprach. Die gesamte Draft Season lang behauptete man in Arizona aber, dass man am erst im Vorjahr an Position 10 gedrafteten Josh Rosen festhalten würde. Dann kam der Draft, Josh Rosen war noch ein Cardinal, aber es kam so, wie viele schon vorher unkten – die Cardinals nahmen an Position 1 Kyler Murray. Dass sie Josh Rosen nicht vorher zu einem anderen Team getraded hatten, sollte sich in der Kompensation negativ wiederspiegeln. Josh Rosen war bei vielen Experten ein Jahr vorher noch hoch auf dem Zettel und ging erst in sein zweites NFL Jahr. Die Cardinals hatten mit dem Erstrundenpick aber der Welt bereits mitgeteilt, dass sie für Josh Rosen keinerlei Verwendung mehr hatten und so ging er für einen Mid-2nd Rounder und einen 5th Rounder.

Auch, wenn sich Rosen eher wie eine Blaupause für Bryce Young liest, ergeben sich genug Überschneidungen, um die Kompensation als Benchmark zu nutzen. Beide QBs sind beim Zeitpunkt des ersten Aufkommens von Tradegerüchten nicht am Ende des Rookievertrags angekommen. Beide Teams haben den Nummer 1 Pick. In beiden Drafts gibt es hochinteressante Top-Quarterbacks. Josh Rosen sowie Justin Fields wird hohes Potenzial zugeschrieben und bei beiden dien(t)en die Umstände als Erklärung für noch ausbleibende konstante Leistungen.

Abgesehen von den Überschneidungen geht Justin Fields aber in seine vierte Saison, was seinen Trade Value in Vergleich mit Rosen senken sollte. Er hat aber auch deutlich mehr gezeigt, als Josh Rosen das in seiner ersten Saison zu tun vermochte. Zudem würde Justin Fields in einer sehr komfortablen Situation für die Bears getradet, denn aktuell steht Chicago jede Option offen. Ganz anders als damals den Cardinals, die sich selbst in eine Sackgasse gefahren hatte. Je nachdem wie sehr etwaige GMs in der NFL an Justin Fields glauben, könnte somit eine höhere Kompensation als bei Rosen herausspringen. Die wahrscheinlichste Kompensation für Justin Fields liegt aktuell aber wohl im early 2nd Bereich und damit leicht überhalb der Rosen Kompensation. Je nach Owner, GM oder Coaching Einschätzung vom aufnehmenden Team sind hier die Möglichkeiten nach oben jedoch offen.

2. Die Kompensation für den Number 1 Overall Pick.

Nummer 1 Picks werden äußerst selten getradet. Die Chicago Bears könnten dafür sorgen, dass sie die Liste im Alleingang in nur zwei Jahren deutlich vergrößern. Im 21. Jahrhundert wurden nur drei First Overall Picks getradet (seit Gründung der NFL 13 mal):

Bears -> Panthers 2023: Ryan Poles schaffte es einen aktuell als historisch einseitig erscheinenden Trade durchzuführen. Für D.J. Moore, Pick 9 2023 (Backtrade auf 10: Darnell Wright, RT), Pick Nummer 61 2023 (Uptrade auf 56, Tyrique Stevenson, CB), den mittlerweile als No.1 Overall Pick in 2024 feststehenden 1st Rounder und einen 2nd Rounder in 2025, gab man den Nummer 1 Pick und damit Bryce Young ab.

Titans -> Rams 2016: Die Titans erhielten den 2016er Nummer 15 Pick, zwei 2016er 2nd Rounder, einen 2016er 3rd Rounder, einen 2017er 1st Rounder und einen 2017 3rd Rounder. Im Gegenzug erhielten die Rams Jared Goff als Number 1 overall Pick, einen 2016er Viertrundenpick, sowie einen 2016er 6trundenpick.

Chargers -> Falcons 2001: Die Chargers erhielten den Nummer 5 overall pick, einen 2001er 3rd Rounder und einen 2002 2nd Round pick. Im Gegenzug erhielten die Falcons den Nummer 1 Pick und zogen damit Michael Vick.

Die Historie ist nicht freundlich zu Teams, die sich einen Number 1 Overall Pick ertradeten.8 Ich werde aber hier versuchen, ausschließlich auf die Kompensation zu achten, auch wenn die Trades deutlich zeigen, dass hochgehandelte Quarterbacks niemals mit Garantien kommen.

Die Kompensation bei diesen Trades ist teils exorbitant. Nicht nur, dass in der Regel eine Vielzahl von hohen Picks gegen einen einzigen, oder einige wenige getradet werden. Es werden in der Regel auch zukünftige Picks in den Trade involviert von Teams, bei denen in der Regel nicht nur noch der Quarterback fehlt, sondern deutlich mehr als das. Die Panthers sind dafür fast schon ein zu einfaches Beispiel, aber auch die Teams im diesjährigen Draft sind keinesfalls „One Player Away“. Teams, die möglicherweise für einen Trade in Frage kämen beinhalten die Commanders, Patriots, oder Giants. Und gerüchtehalber könnte die Kompensation die des Young/Moore Trades noch einmal übersteigen.9

3. Die Kompensationsfrage

Die Frage, die sich Ryan Poles gemeinsam mit vielen anderen Köpfen in der Organisation stellen wird ist nicht Justin Fields oder ein QB Talent, sondern, wie maximiere ich den Kaderwert so, dass ich in Zukunft die größtmögliche Chance habe den Superbowl zu gewinnen. Poles wird dabei mit relativ großer Sicherheit in der Öffentlichkeit so auftreten, wie er das auch im letzten Jahr tat: „I’d have to be absolutely blown away (by a quarterback to move on from Justin Fields)“. Und die Qualität der Prospects wird eine sehr wichtige Rolle spielen, genauso wie das Inhouse Assessment zu Justin Fields. Die Wahrscheinlichkeit ein Generational Talent zu finden wird gegen das Potenzial von Justin Fields aufgewogen werden.

Aber erst in zweiter Linie. In erster Linie werden die Telefone glühen und Ryan Poles wird alles tun, um ein klares Bild dazu zu erhalten, wie viel er für Justin Fields bekommen könnte und was bei einem Trade zurück von der Nummer 1 Position herausspringen könnte. Wenn der Kompensationsgegenwert den Erwartungswert vom Potenzial des Number 1 Prospects deutlich übersteigt, dann werden die Bears den Pick wegtraden. Die gleiche Aussage ist triff für Angebote für Justin Fields zu.

Ein zudem oft übersehener Fakt ist, dass ein Verbleib bei Justin Fields nicht bedeutet, dass er unsere Lösung auf dem Weg zu einem Super Bowl sein muss. Es könnte ganz einfach bedeuten, dass Stand jetzt ein Verbleib bei ihm logisch ist, da die Kompensation für ein Wegtraden des Nummer 1 picks zu groß erscheint und die Trade-Kompensation für Justin Fields nicht hoch genug ist, um sich von einem guten, aber aktuell nicht großartigen Spieler, der von Fans und Mitspielern geliebt wird, zu trennen. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass sehr gute Quarterbacks auf den Markt kommen können und Teams mittlerweile nicht mehr Gun Shy sind, wenn man einen kompletten Kader mit dem Missing Piece auf QB zum Contender machen kann. Die Rams sind dafür das beste Beispiel: „F* them picks“ und Matt Stafford führte ihren mit All Stars gespickten Kader zum Super Bowl. Die Broncos versuchten es mit Russel Wilson. Kirk Cousins, Lamar Jackson, Tom Brady, Peyton Manning – es gibt genug Beispiele für Quarterbacks, die im Verlauf der Jahre das Team wechselten, oder nah an einen Wechsel kamen.

Ryan Poles hat gezeigt, dass er gute Deals einfädeln kann, auch wenn dies letztes Jahr mit dem aktuellen Wettbewerber für den schlechtesten NFL Franchise Owner passierte. Trotzdem könnte die Kompensation noch einmal größer sein, als im letzten Jahr. Wir als Bears Fans können uns eigentlich gemütlich zurücklehnen und schauen, was Poles uns dieses Jahr aus dem Hut zaubert. Justin Fields mit einem jungen Monster Team? Einer der aufregendsten QB Rookies der letzten Jahre? Oder vielleicht – und jetzt kurz Anschnallen – ein neuer Rookie QB außerhalb der Top 2 und ein junges Monster Team? Alles wird von der Kompensation entschieden – und wir dürfen unser Popcorn bereitlegen – für die spannendste Bears Offseason aller Zeiten.

BB