Matt Eberflus und die Bears…
…HITS, Negativrekorde und die schlechtesten OCs der Liga
Es brauchte wohl einen offenen Aufstand im Locker Room, um auch George McCaskey von der Entlassung Matt Eberflus‘ zu überzeugen. Nachdem sich Matt Eberflus vor zweieinhalb Jahren mit dem HITS-Prinzip vorstellte („Hustle, Intensity, The (!) ball / Takeaways, Smart) ging die Head Coaching Karriere des zuletzt immer unbeliebteren Head Coach zu Ende. Wie Dianna Russini und Adam Jahns schreiben, war es vor allem Star Corner Jaylon Johnson, der Matt Eberflus in der Kabine offen angriff und es solche Formen annahm, dass der Head Coach sich genötigt sah die Kabine zu verlassen. Am nächsten Tag ließen die Bears Matt Eberflus am Morgen noch eine Pressekonferenz geben, um ihn dann am Nachmittag endgültig zu feuern. Ein unrühmliches Ende für eine unrühmliche Karriere in einer unrühmlich geführten Franchise.
Matt Eberflus‘ Record spricht für sich. Er gewann 14 Spiele und verlor 32. In der NFC North verzeichnete er zwei Siege und verlor 13. Auswärtsspiele: 3-19. Und in dieser, seiner letzten Saison, verabschiedet er sich mit 4-8. Sein One-Score-Game Record ist mit 5-19 der schlechteste in der NFL-Geschichte in der Vergleichsgruppe aller Head Coaches mit mindestens 20 One-Score Games (Quelle: Courtney Cronin, ESPN; Maher Kawash).
Verglichen mit allen Head Coaches der Bears in den 00er Jahren ist Eberflus zweitschlechtester, nur übertrumpft von John Fox:
1. Lovie Smith: 84-66 (.560)
2. Matt Nagy: 34-32 (.515)
3. Dick Jauron 35-46 (.432)
4.Marc Trestman: 13-19 (.406)
5. Eberflus: 14-32 (.304)
6. John Fox: 14-34 (.292)
Nicht jede Situation ist gleich. Matt Nagy startete mit einem deutlich besseren Kader als Matt Eberflus. Allerdings passten die Verbesserungen des Kaders über drei Jahre hinweg nicht zu den Entwicklungen auf dem Platz. Während Matt Eberflus‘ Defensive ligaweit Respekt erfuhr und Spieler wie ein Jaylon Johnson, der ironischerweise am Ende Rädelsführer in der Entlassung Eberflus sein sollte, sich während dieser Zeit zum NFL-Top-Corner entwickelte, gab es andere Bereiche, die immer problematisch blieben.
So war Eberflus verantwortlich für die Einstellung zweier Offensive Coordinator, die zu keinem Zeitpunkt für anhalten Erfolg sorgen konnten. Luke Getsy empfahl sich durch seinen Job als QB-Coach von Aaron Rodgers, bei dem allerdings danach immer klarer wurde, dass seine Coaches nicht unbedingt nach Expertise gewählt wurden (siehe Nathaniel Hackett). Leider hatte sich das damals noch nicht bei Matt Eberflus herumgesprochen. Nach zwei Jahren von Getsy mit den Bears war Schluss. Im Anschluss erhielt er den OC-Job bei den Raiders, nachdem Kliff Kingsbury nach einer scheinbaren Zusage wieder absprang. Getsy war die Notlösung. Und er ist mittlerweile bereits wieder entlassen. Scheinbar haben wir damals eine der schlechtest möglichen Entscheidungen getroffen.
Dieses Jahr durfte sich Shane Waldron als OC der Bears beweisen. Im aktuellen Artikel von Dianna Russini und Adam Jahns heißt es frei übersetzt von einem anonym gehaltenen Spieler: „Der Fehler war es Shane überhaupt als OC einzustellen.“ Bereits direkt nach der Entlassung sagte Keenan Allen, Shane Waldron sei zu nett gewesen. Und mittlerweile berühmt berüchtigt ist, wie am Anfang der Saison einige Spieler aus dem Leadership Council der Bears bei Waldron um härteres Coaching baten. Matt Eberflus stellte zielgenau die schlechtesten Offensiv-Masterminds der Liga ein. Hätte er hier ein glücklicheres Händchen gehabt, wer weiß, wo wir stehen würden und ob Eberflus sich nicht mit der Defense über Wasser hätte halten können.
Letztendlich ist diese Frage aber müßig, denn Eberflus zeigte in den letzten Wochen wieder, warum er aktuell kein Headcoach sein sollte. Über zweieinhalb Jahre hinweg haben Bears Fans immer wieder gesehen, wie schlecht Spiele oftmals gemanaged wurden. Ob es Challenges waren, die auf den ersten Blick keine Chance hatten, Challenges die nicht genommen wurden, obwohl sie uns klar geholfen hätten, Penalties, oder katastrophale Entscheidungen, die zur Niederlage von Spielen im letzten Drive führten. Wie oben erwähnt, stehen wir mittlerweile 5-19 in One-Score-Games. Der Spielfilm der vier One-Score-Games innerhalb der aktuellen 6-Game-Loosing Streak liest sich wie folgt:
Lions: Sack bei 32 Sekunden auf der Uhr. Mit Timeout Zeit auslaufen lassen. Lose by 3.
Vikings: Wundercomeback gegen Minnesota. In Overtime reicht eigener Ballbesitz nicht für Punkte, die Defense bekommt die Minnesota Offense trotz 2&17, 3&9, 3&10, 1&15, 1&20, 2&11 nicht contained. Minnesota gewinnt mit einem 29 Yard Field Goal.
Packers: Konservativ gespielt vor geblocktem Game Winning Kick, um Fumble zu vermeiden. Santos Kick wird geblockt. Oft zitierte Statistik nach dem nicht erfolgreichen 46 Yard Versuch: Santos steht bei Field Goals mit 40 Yards und darunter bei über 90% Treffsicherheit, bei längeren Field Goals nimmt seine Treffsicherheit rapide ab.
Commanders: Hail Maryland. Im Play vor der erfolgreichen Hail Mary lässt Chicago einen einfachen Raumgewinn von 13 Yards zu, da bereits eine Hail Mary verteidigt wird. Zu diesen 13 Yards sollte Eberflus nach dem Spiel sagen, dass sie nicht wichtig gewesen seien. Zitat von einem Spieler der Bears dazu aus dem Russini/Jahns Artikel: „Das kam nicht gut bei den Spielern an.“ Während des finalen Plays kommuniziert Tyrique Stevenson dann mit dem Publikum, verpasst es seinen Spieler zu decken und tipped den Ball zum Passcatcher. In der Folgewoche startet Stevenson aus disziplinarischen Gründen nicht, spielt aber 46 Snaps (im Vergleich zu durchschnittlich 60,5 in den sechs Spielen davor).
Nach heftigen Niederlagen waren zudem die PR-Fähigkeiten von Matt Eberflus nicht hilfreich. Immer wieder erschien es, als wolle er keine Verantwortung übernehmen. Was meinem Empfinden nach in der Wurzel ein anhaltend erfolgloser Versuch war, im Belichick Stile jegliche Informationspreisgabe zu vermeiden, klang dann in der Eberflus-Variante gerne wie eine Trotzreaktion: „I like what we did there.“, hört sich im Kontext der Live PK nicht mehr ganz so schlimm an, wie es sich liest. Es bleibt aber ein untragbarer Comment – und auch im Lockerroom war der Geduldsfaden wohl abgebrannt.
So endet die Karriere des Matt Eberflus bei den Bears. Die beste Zeit mit ihm war wohl die kurze Phase in 2022, in der Justin Fields aufzublühen schien, oder die letzte Off-Season, als er durch Hard Knocks und neuem Look viele Sympathien zurückgewinnen konnte. Als es wieder um Thematiken auf dem Platz ging, waren die Sympathien schnell verflogen.
Bei allem schlechten, was man als Bears Fan miterlebt, es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels. Bisher leitete uns dieses immer in das nächste unschöne Ende. Dieses Mal geht das Licht von Thomas Brown auf, der das Gegenteil Eberflus symbolisiert. Offensive Ideen, Gradlinigkeit in den Aussagen, Verantwortung übernehmen. Die Bears könnten in ihr eigenes Glück gedrängt worden sein. Ein Glück, das aus dem Schatten der Zeit mit Matt Eberflus entsteht, der als einer der schlechtesten Bears Head Coaches aller Zeiten in die Geschichtsbücher eingehen wird. Möge er die Zeit, die er äußerlich gelassen aufnahm, aber innerlich sicher Spuren hinterlassen haben wird, gut verkraften. Den Bears wünsche ich das Gleiche.
BB