Remember, Remember – always the same in September

Es ist mal wieder soweit. Bears Twitter ist am brennen. Alles ist plötzlich schlecht. Mein Block Button sitzt teilweise enorm locker und in dieser Phase noch mehr. So durfte ich heute beispielsweise einen Tweet lesen, der Rome Odunze nach seinem Non-Catch in der Endzone herabwürdigte. Die O-Line Debatte bringt starke Takes ans Tageslicht, in denen bspw. Sam Mustipher eine glorreiche Karriere nach seiner Zeit mit den Bears unterstellt wurde, obwohl er seit 2022 nur zwei Spiele mit mehr als 35 Snaps hatte und mittlerweile bei den Chargers im Practice Squad ist. Caleb Williams sollte laut Luke Kuechly den Ball schneller loswerden, obwohl er der sechstschnellste Ballverteiler der Liga war und D.J. Moore soll nach Videoeinsicht und der Aussage von einigen plötzlich zu Lip-Reading Experten gewordenen Fans Wünsche geäußert haben, Tyson Bagent auf dem Feld zu sehen.

Die Situation ist unschön und sie erinnert leider wieder einmal an vergangene Saisons. Während die Twitter Debattenkultur im Bearsland der Debattenkultur des Eigentümers der Plattform sehr nahe kommt, gibt es aber tatsächlich Punkte, über die man sich zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison bereits Gedanken machen darf und sollte.

1.
Das offensive Coaching: Shane Waldron kam mit Sean McVay Background und der Wiederauferstehung des Geno Smith im Gepäck. Gleichzeitig gab es das zu Unkenrufen inspirierende Interview mit Jaxon Smith-Njigba, der seinen ehemaligen Coordinator milde gesagt nicht mit Lob überschüttete. Im neu geschaffenen Heed the Call Podcast redet der langjährige Begleiter der Seahaws, Michael-Shawn Dugar von The Athletic, zuletzt auch bereits davon, dass die Offense von Shane Waldron oft frustrierend war. Gleichzeitig attestierte Adrian Franke von Down Set Talk zuletzt in einem Kommentar auf X, dass Caleb Williams mit einem Playcaller wie Sean Payton von den Broncos sicherlich schon deutlich besser aussehen würde.

Der frühe negative Fokus auf Waldron erscheint ein Stück weit unfair und es ist voraussehbar, dass – egal welcher – Rookie Quarterback am Anfang Probleme haben wird. Zudem kommen wir gleich noch zur O-Line – um die herumzucoachen ist bekanntermaßen auch für Sean McVay, als einen der Ziehväter Waldrons, ein großes Problem.

Ein großer Kritikpunkt, den ich allerdings als jemand, der über Adrian Franke an die NFL herangeführt wurde, seit Jahren mit mir herumtrage ist, dass wir in der Offensive keine großen Shots nehmen. Bei den Quarterbacks wird mittlerweile gerne darauf verwiesen, dass man seinen eigenen Freak finden muss, ansonsten habe man keine Chance gegen Quarterbacks wie Mahomes, Allen und Co. In anderen Worten – wenn man keinen enorm guten Quarterback hat, dann sollte man wahrscheinlich alles dafür tun, Shots auf eben solche zu nehmen. Bei Offensive Koordinatoren stellt sich das Ganze für mich ähnlich da. McVay, Shanahan, Reid, Ben Johnson geben ihren Teams einen so enormen Vorteil, dass sie ihren Teams teils auch ohne Freak under Center eine Chance geben. Klint Kubiak zeigt aktuell bei den Saints in beeindruckender Art und Weise, wie man seinem Quarterback helfen kann. In Chicago wird Shane Waldron schnell zeigen müssen, dass er mit einem potenziellen Top Rookie eine gute Offense aufs Spielfeld schicken kann. Bei allem Hype, den wir in der Off-Season (mal wieder) erfahren haben – wir dürfen nicht vergessen, wie entscheidend dieses Jahr ist. Sollten wir keinen großen Schritt nach vorne machen – als Gesamtteam und insbesondere in der Offense, wird der Stuhl von Matt Eberflus, trotz Golffreundschaft mit Ryan Poles und einer wieder einmal stark erscheinender Defensive, wohl einen Hitzegrad erreichen der im Feuern enden wird.

2.
Die O-Line: Ganz ehrlich – nur enorm hartgesottene Bears Fans werden die Schuldzuweisungen noch hören können, warum die Offense dieses Mal nicht funktioniert. Wie unter Justin Fields werden aktuell alle getargetet: Der OC, die O-Line, die Wide Receiver, das Run Game, ausbleibende Chips und Blocks von Runnern und Tight Ends und so weiter und so weiter. Ist es wirklich der Quarterback, oder doch jemand ganz anderes? Bitte nicht schon wieder.

Eine Sache, die man sich in Sachen O-Line in den Kopf zurückrufen sollte ist, dass es zwar auch in den letzten Jahren Kritik an der O-Line gab, diese sich in der Regel aber immer wieder gefunden hat und normalerweise im Mittelfeld der Liga geranked wurde. Wie in der ersten Poles Saison, in der Justin Fields eher Talent aus der O-Line genommen wurde, als hinzugefügt, sollte man sich aber auch dieses Mal die Frage stellen, ob genug gemacht wurde.

Denn im Gegensatz zur Causa Fields, in der Ryan Poles meinem Empfinden nach sehr klar gezeigt hat, dass sein Rebuild-Ansatz immer nur die Möglichkeit Justin Fields beinhaltete und sein Schutz nicht an erster Stelle stand, ist Caleb Williams der prädestinierte Heilsbringer dieser Franchise. Seinen Schutz nicht in einem Mindestmaß garantieren zu können ist schlichtweg nicht akzeptabel. Und ich bin mir sicher, dass Ryan Poles das auch so sieht. Allerdings hatte er selbst in der Offseason geäußert, dass die O-Line jetzt endlich so weit sei, dass man ein paar Pieces austauschen und rotieren könne – die Realität sieht aktuell aber anders aus. Es kann sein, dass die Texans eine der stärksten Defenses der Liga stellen. Auch in Woche 1 zeigte sie Flashes gegen die Colts. Aber was gegen uns in Woche 2 passierte, war inakzeptabel: Sechs Texans mit mindestens einem Sack. 23 pressures bei 48 Dropbacks nach Next Gen Stats (nicht 36 bei 42 Pass Attempts, wie Chase Daniel es schrieb). Über 40% der Dropbacks wurden für Blitzes der Texans genutzt. Und wir kamen offensichtlich nicht damit klar.

Seitdem ich Bears Fan bin, hatten wir keinen richtigen Center. Und auch dieses Jahr haben wir in Ryan Bates den Backup der Bills geholt und mit Coleman Shelton einen Mittelklasse Starter der Rams, wobei letzterer in den ersten Wochen Probleme hatte. Ein Blick zu PFF zeigt – Shelton war im letzten Jahr zumeist passabel, aber wenn es krachte, dann richtig, wie Passblock Grades von 2,6 gegen die Eagles, 29,7 gegen die 9ers und 25,1 gegen die Gaints indizieren. In Chicago wird er schnell sein Können zeigen müssen, denn aktuell struggled die gesamte Line und seine Passblocking Grades von ungefähr 55 in den ersten beiden Wochen helfen nicht genug. Hier ist aber auch zu erwähnend, dass während die Center Debatte zu Chicago gehört wie Deep Dish Pizza, auch der Rest der O-Line teils katastrophal aus. Darnell Wright war dabei leider das schwächste Glied der Line. Es wird sich einiges ändern müssen in den nächsten Wochen

3.
Punkt 3 hängt für mich sehr eng mit Punkt 1 zusammen – der Quarterback: Caleb Williams spielte in Spiel 1 unauffällig bis schlecht. In Spiel 2 brachte er einige Würfe nicht an, das allerdings auch oftmals in einem Sturm an gegnerischen Blitzes. Caleb muss und wird besser spielen, allerdings machen mir Aussagen von Experten wie Nate Tice teils Sorgen, der erkannt hat, dass Caleb Williams bereits die Protections eigenverantwortlich zu handlen scheint. Während er das als positives Zeichen deutet wünsche mir für egal welchen Rookie Quarterback, dass er es so einfach wie möglich gemacht bekommt. Das hier erscheint mir gegenteilig zu laufen.

Die Bears sind wieder einmal offensiv enttäuschend in eine Saison gestartet. Das Spiel gegen die Titans war offensiv unterirdisch. A win is a win – aber so? In dieser Saison muss die Offense etwas zeigen. Das sah in Spiel 2 anfänglich etwas besser aus, am Ende gab es aber wieder Futter für die Dr. Dooms auf Bears Twitter. Die Saison ist lang und ich bin mir sicher, dass wir noch begeisternden Bears Football sehen werden. Zu viel Talent ist in diesem Kader, um weiter so herumzudümpeln. Sogar in der enttäuschenden letzten Saison gab es einen Stretch, in dem die Fields Believer wieder Oberwasser bekamen. Aber dieses Jahr brauchen wir mehr. Die Bears spielen jetzt gegen die Colts, die Rams mit Verletzungsproblemen, die unterirdischen Panthers, Jaguars, Commanders, Cardinals und Patriots, bevor es in die Division Wochen geht. In dieser Zeit gilt es nicht nur besser zu spielen und Siege einzufahren. Wir müssen eine offensive Identität entwickeln und mindestens im Ansatz begeisternden Offensiv Football zeigen. Alles darunter darf nicht mehr akzeptiert werden. Nicht mit diesem Talent. Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre eine Saison, die im Front Office gerade so davon überzeugt, einen potenziell mediocren Coaching Staff zu halten und wieder nicht auf die große Offensivlösung zu gehen. Waldron muss zeigen, dass er einer der besseren Coordinator der Liga sein kann. Im Gegensatz zu vielen anderen Teams hat er hier den Vorteil, dass wir unseren Freak under Center bereits gefunden haben. Das Talent nicht zu nutzen, oder noch schlimmer, eingehen zu lassen, wäre selbst für einiges gewohnte Bears Fans eine neue Ära des Leids.